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Editorial I Fondsjournal März 2022

Das Undenkbare tritt ein...

„Das Undenkbare tritt ein.“ Vor ziemlich exakt zwei Jahren haben wir diese Formulierung an dieser Stelle verwendet. Natürlich hatte man das „Virus aus China“ im Blickfeld, dass daraus aber eine Pandemie entsteht, die uns bis heute mit weitreichenden Folgen beschäftigt, war nicht vorherzusehen. Zwei Jahre später tritt das Undenkbare wieder ein. Der Konflikt Russland/Ukraine schwelt seit Jahren – mit einer Dynamisierung in den vergangenen Wochen.
Quelle: Shutterstock

Natürlich hatte man das im Blickfeld, mit unterschiedlichen Szenarien der Beurteilung und des möglichen Ausgangs. Dass Putin einen flächendeckenden kriegerischen Frontalangriff auf die Ukraine startet, war von so geringer Wahrscheinlichkeit, dass wohl keine Anlagestrategie darauf vorbereitet war. Auch wenn es angesichts der menschlichen Tragödien schwer fällt, so ist es doch auch in diesen Tagen unsere professionelle Pflicht das aktuelle Umfeld und die Folgen für die Anlagestrategien nüchtern zu bewerten. „Politische Börsen haben kurze Beine“ ist eine oft zitierte Börsenweisheit. Wir bringen diese nicht, weil es der aktuellen Eskalationsstufe nicht gerecht wird, sondern weil uns die Folgen wohl noch länger beschäftigen werden.

 

 

HISTORISCHER FEBRUAR 2022

Unabhängig von der Tragödie dieser Tage gilt es vor dem Blick in die Zukunft noch die Gesamtheit der vergangenen Wochen zu erfassen. Der Februar startete mit historischen Bewegungen im Umfeld der Berichtssaison der Unternehmen. Amazon stiegen an einem Tag um etwa 190 Milliarden US-Dollar, Facebook/Meta verloren an einem Tag etwa 250 Milliarden US-Dollar, beides sind Einträge in die Geschichtsbücher. Die Inflationsrate in den USA überstieg die Marke von 7 %. Als Folge einer Rede von EZB-Chefin Lagarde gab es auch am EURO-Anleihemarkt erstmals seit längerem eine klare Bewegung Richtung steigender Renditen, wenn auch von tiefsten Niveaus aus. Lösen wir uns nun von den Tagesbildern und versuchen einen nüchternen Blick in die Zukunft.

DIE WIRTSCHAFTLICHE DIMENSION – TEIL 1

Blickt man auf die Weltwirtschaft, wird die ökonomische Dimension Russlands meist deutlich überschätzt. Das Bruttoinlandsprodukt der „Weltmacht“ Russlands entspricht in US-Dollar gerechnet in etwa jenem von Spanien. Der direkte Russland-Umsatzteil der 500 größten börsenotierten Unternehmen Europas liegt in Summe im Schnitt bei knapp unter 2 %, klarerweise mit Unterschieden je nach Geschäftsmodell. Als Investor muss man sich in diesen Tagen auch zur nüchternen Frage zwingen: Was ändert die aktuelle Krise an den Geschäftsmodellen von Nestlé, Microsoft, Apple & Co? Und nebenbei angemerkt fällt es schwer eine Idee zu finden, wie die Wirtschaft der USA substanziell negative Auswirkungen des Konfliktes erleiden könnte.

DIE WIRTSCHAFTLICHE DIMENSION – TEIL 2

Die jüngsten Wochen haben zwei Schwächen Europas schonungslos offengelegt. Einerseits das Fehlen einer klaren, international voll respektierten politischen Führung, andererseits die Abhängigkeit von Energieimporten. Es fällt schwer unmittelbar sinkende Öl- und Gaspreise zu erwarten, die Folgen für die energieintensive Industrie und auch für alle Haushalte sind schmerzvoll. „Stagflation“ ist ein Szenario, das somit droht. Damit beschreibt man eine sich abschwächende Wirtschaft bei gleichzeitig hoch bleibender Inflation. Negative Revisionen des Wirtschaftswachstums sind wohl wahrscheinlich.

DIE FOLGEN FÜR DIE ZINSPOLITIK DER NOTENBANKEN

Lag der Konsens der erwarteten US-Zinserhöhungen 2022 bei fünf, so haben sich zuletzt Investmentbanken mit immer neuen Zahlen gegenseitig überholt, teilweise war schon von sieben oder mehr die Rede. US-Investmentbanken sind sehr flexibel, diese Hektik dürfte in sich zusammenbrechen. Auch die EZB wird die aktuelle Situation zum Anlass nehmen, um darauf hinzuweisen, dass es keinerlei Eile für eine Zinswende gibt. Dies ist grundsätzlich ein richtiger Zugang. Man kann geopolitisch motiviert hohe Energiepreise nicht mit Zinserhöhungen bekämpfen. Rasch werden sich in den kommenden Wochen auch Stimmungs- und Frühindikatoren der Wirtschaft eintrüben.

LEITPLANKEN DER GELDANLAGE FÜR DIE KOMMENDEN MONATE

Wir wiederholen an dieser Stelle auch wortgleich einen Hinweis aus unserem Kommentar von März 2020. Es gibt Marktphasen, in denen Anlegerinnen und Anleger auch ganz persönliche Entscheidungen treffen müssen, man kann nicht alles auf die Produktebene verlagern. Ein Aktienfonds bleibt ein Aktienfonds, in allen Zyklen. Das Vertrauen in das grundsätzliche Wachstumspotential der Weltwirtschaft und die Kenntnis der Geschichte ergeben für uns die Überzeugung, mit ruhiger Hand und investiert durch diese Phase zu gehen. Nerven werden allerdings im Umfeld tagesaktueller Wendungen nötig sind. Die Leitlinien würden wir wie folgt zusammenfassen

• Die jüngsten Marktängste bezüglich Zinswende und breit steigender Anleiherenditen werden sich abschwächen. Am langen Laufzeitenende von 10-Jahren erwarten wir sowohl in den USA als auch in Europa vorerst keine substanziellen Anstiege von den jüngsten Niveaus aus.

• Damit sollten die zuletzt massiv abgestraften Wachstumsaktien das Schlimmste hinter sich haben; vieles der Korrektur wurde den steigenden Renditen zugerechnet.

• Es kann kein Depot ohne Sachwerte geben. Wir wiederholen ausdrücklich unsere Empfehlung seit Jahren, dass Substanzstrategien mit Bezug auf Rohstoffen, Industriemetallen und Edelmetall in jedem Depot beigemischt vertreten sein sollten. Nicht als das einzig Wahre, sondern als stabiler Baustein.

• Der Weg Richtung erneuerbarer Energien wird an Tempo noch zulegen; an Budgetmitteln wird es nicht fehlen. Daraus entsteht eine Investmentthese über Jahre.

• Für den europäischen und den österreichischen Aktienmarkt wird es vorerst schwer sein, im internationalen Umfeld Outperformance zu zeigen. Einer grundsätzlich hochattraktiven Risikoprämie von Aktien aufgrund der tiefen Zinsen steht des Handicap einer möglichen Energiekrise gegenüber.

ZEITENWENDE

Für die europäische und auch internationale Politik sind die aktuellen Tage eine Zeitenwende, wohl kaum jemand hat eine Idee, wie man zur Normalität zurückfinden kann. Für die Weltwirtschaft und auch für die Geldanlage ist es Stress, aber keine Zeitenwende. Die Megatrends bleiben, von Gesundheit bis Digitalisierung und Energiewende, letztere mehr denn je.

In Leitplanke 10 unseres Jahresausblickes haben wir die Vermutung geäußert, dass uns die Geopolitik 2022 beschäftigen könnte. Eine Eskalation ist eingetreten, die zweite erwähnte war die Diskussion China-Taiwan. Dieser Konflikt wäre anders, aber aus weltwirtschaftlicher Sicht mehr als kompliziert. Hoffen wir gemeinsam das Beste und gehen wir gemeinsam davon aus. „Undenkbar“ ist aber nach den jüngsten Lehren 2022 wohl nichts mehr.

 

Ihr Alois Wögerbauer

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