Da uns dieses Umfeld wohl auch in den kommenden Monaten begleiten wird, bringt der tagesaktuelle Blick wenig Mehrwert. Der historische Rückblick hilft eher.
Stark vereinfacht kann man den Rückblick mit drei Szenarien erfassen: Deflation, „gute“ Inflation und „schlechte“ Inflation. Wir betrachten den amerikanischen Aktienmarkt zurück bis in die 1960er-Jahre. Deflation, sprich sinkende Preise, sind für den Aktienmarkt das klare Worst-Case-Szenario, historisch betrachtet brachte ein länger andauerndes Deflationsszenario Aktienkorrekturen im klar zweistelligen Prozentbereich. Sinkende Preise reduzieren die Assets in der Bilanz und fressen die Margen. Bei Inflationsraten von unter 1% und über Null waren die US-Märkte nur leicht positiv.
Im Gegenzug bekommen die Aktienmärkte Schwierigkeiten, wenn die Inflationsrate längerfristig die 5%-Marke überschreitet. Die Sorgen der Zinsmärkte schwappen auf die Aktienmärkte über, steigende Input-Kosten und Löhne können nicht mehr voll an den Endverbraucher weitergegeben werden, die Margen kommen unter Druck. Diese „schlechte Inflation“ hemmt die Aktienmärkte, ist aber immer noch klar besser als Deflation.
Bleibt die „gute“ Inflation im Bereich von 2 bis 4%. In diesem Umfeld zeigten die US-Aktienmärkte in den vergangenen 50 Jahren die beste Performance. Dieses Niveau ist ein Beleg für Wirtschaftswachstum, die Margen können in der Regel gehalten werden und der Anleihe- und Zinsmarkt wird nicht zum strukturellen Problem für den Aktienmarkt.
Wenn wir uns nun von den Tagesaktualitäten lösen, ergibt sich mittelfristig folgendes Bild. Die Inflationsrate wird aus unserer Sicht im 2. Quartal 2022 den Peak überschreiten und sich dann normalisieren, aber nicht mehr auf das tiefe Niveau von vor Corona zurückfallen. Die Wahrscheinlichkeit ist daher hoch, dass wir - aus Sicht des Aktionärs - im guten Umfeld verbleiben. Auch wenn die jüngsten Schwankungen und Rotationen wohl anhalten werden, so sehen wir aktuell keinen Grund, die Langfristperspektiven des Aktienmarktes zu bezweifeln.
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