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Zurück Neue Welt? Ein Quartalsfazit

Editorial I Fondsjournal April 2022

Neue Welt? Ein Quartalsfazit

Es fällt schwer das erste Quartal des Jahres 2022 mit einem Fazit in Form eines einzigen Satzes zu beschreiben. „Aufgewacht in der Realität“ wäre eine wohl zutreffende Formulierung. Die Sehnsucht, sich in den Geldanlageentscheidungen endlich wieder nur den fach- und sachbezogenen Dingen wie Zins- und Konjunkturzyklen, Notenbankaktivitäten, Megatrends und Unternehmensbewertungen zu widmen, wird weiterhin nicht erfüllt.
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Nach der Pandemie steht die Eskalation in der Geopolitik ganz oben auf den Informationslisten.  Gerade aber wenn ein externer Einflussfaktor so massiv richtungsgebend ist, darf man sich nicht in den Tagesaktualitäten verlieren, weil sie nicht planbar sind. Krisenzeiten sind nicht die Zeiten für glasklare Meinungen und Festlegungen, es sind vielmehr die Zeiten für einen Quercheck der Portfoliokonstruktion, für einen Selbsttest der eigenen Risikotragfähigkeit und für die Konzentration auf die mittelfristigen Folgen und Konsequenzen. Klarerweise gilt es immer an einigen Stellschrauben zu drehen, die vielzitierte ruhige Hand war aber in den ersten Monaten des Jahres 2022 einmal mehr der richtige Ratgeber.

 

 

10 GEDANKEN

Was sind die mittelfristigen Folgen, auf welche Chancen und Risiken gilt es zu achten? Mit 10 Gedanken wollen wir versuchen, aus den aktuell einmal mehr schwer zusammenfügbaren Puzzle-Teilen ein Gesamtbild zu bauen.

Gedanke 1
NACHHALTIGKEIT VERSUS UNABHÄNGIGKEIT

Der Zug Richtung Energiewende, ohnehin auf Schiene, wird weiter an Fahrt aufnehmen. Budgetmittel dafür wird es hinreichend geben, da der politische Wille unterstützt. Auch wenn man dies weiter unter „Nachhaltigkeit“ subsummiert, so wird in Wahrheit „Unabhängigkeit“ der Treiber sein. Eine ehrliche und faktenbasierte Kommunikation über realistische Zeitachsen und nötige Übergangstechnologien wäre angebracht. Jedenfalls ergibt sich ein Investitionszyklus für das laufende Jahrzehnt, auf den die Augen der Geldanlage gerichtet bleiben sollten.

Gedanke 2
USA STRATEGISCH IM VORTEIL

Es ist schwer möglich, aus dem aktuellen geopolitischen Umfeld ein Szenario zu entwickeln, in dem die USA als Verlierer hervorgehen. Das Land ist energieautark, hat eine in sich tragende Binnenkonjunktur, verfügt über viele multinationale Konzerne in Megatrend-Branchen und wird, auch wenn man das im ESG-Umfeld nicht hören will, klarer Profiteur der weltweit steigenden Rüstungsausgaben sein. Achten Sie daher bei Ihren Aktieninvestments auf eine möglichst hohe US-Gewichtung.

Gedanke 3
EUROPA STRATEGISCH IM NACHTEIL

Es ist schwer möglich, aus dem aktuellen geopolitischen Umfeld ein Szenario zu entwickeln, in dem Europa nicht als Verlierer hervorgeht. Die Energieabhängigkeit ist und bleibt zentrale Herausforderung für Industrie und Private. Die Abhängigkeit von den globalen Lieferketten war bekannt, dennoch verwundert die Dimension. Die Frühindikatoren deuten auf deutlich negativen Revisionsbedarf der Konjunkturerwartungen hin. Stagflation, hohe Inflation bei rückläufigen Wachstumsraten, hat als Szenario an Wahrscheinlichkeit zugenommen.

Gedanke 4
STARKER EURO? UNWAHRSCHEINLICH…

Währungsprognosen sind grundsätzlich eine komplexe Angelegenheit. Im relativen Vergleich fällt es aber schwer ein Szenario für einen starken EURO zu entwickeln. Die US-Notenbank FED hat in den vergangenen Wochen den angekündigten Pfad der Zinserhöhungen nochmals verstärkt. Auf Sicht von 12 Monaten wird bei den Leitzinsen eine Zwei vor dem Komma stehen. Die EZB kann und sollte sich im ersten Schritt darauf konzentrieren, den negativen Einlagenzins von aktuell minus 0,50% Richtung Null zu bewegen. Vermeiden Sie dennoch in der Geldanlage breite Währungsspekulationen. Ein solide gebautes Portfolio aus globalen Aktien bringt Ihnen automatisch die gewünschte Währungsdiversifikation, weitere Schritte benötigt es nicht.

Gedanke 5
INFLATION: RUSSLAND/UKRAINE IST TREIBER, NICHT AUSLÖSER

Die Inflationspipeline war auch zu Jahresbeginn gut gefüllt, der Konflikt Russland / Ukraine ist ein mächtiger Verstärker vor allem aus der Ecke Energie und Getreide, aber nicht der Auslöser. Die Gemengelage ist komplexer. Es ist nicht unsere Aufgabe zu bewerten, aber zu analysieren. In den USA und auch in unseren Breitengraden wurden in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 massive fiskalische Hilfsgelder geleistet. Mit dieser Art „Phantomeinkommen“ wurde dem Privatsektor Kaufkraft gegeben, ohne dass eine Produktion dem gegenüberstand. Geldmenge steigt, Gütermenge nicht, klare Basis für Inflation. Eine Bereinigung braucht Zeit – oder eine konjunkturelle Delle. Insgesamt scheint der Inflationsgipfel noch vor uns zu liegen.

Gedanke 6
AKTIENMARKT BEMERKENSWERT STABIL

Nach einigen Tagen der Hektik haben sich die globalen Aktienmärkte bemerkenswert gut stabilisiert, was einmal mehr die Grundthese der Substanz- und Sachwert-Investments im Grundsatz untermauert. Voraussetzung dafür ist allerdings eine globale Streuung nach Regionen, Branchen und Themen. Der Stresstest wird aber wohl erst in den Sommermonaten kommen. Genau hinsehen bleibt einmal mehr die Devise. Wenn im Sommer über die Unternehmensgewinne des 2. Quartals berichtet wird, dann wird es da und dort deutliche Spuren in den Gewinnausweisen offenlegen; es gelingt in vielen Bereichen der Industrie einfach nicht mehr die steigenden Kosten von Energie, Transport, Rohstoffen und Personal weiterzugeben. Der Gesamtmarkt muss nicht zwingend korrigieren, da Segmente wie Gesundheit oder Digitalisierung bessere Ausgangssituationen haben.

Gedanke 7
RENDITEANSTIEG ANLEHEN – BLICK AUF DIE CHANCEN

Der Renditeanstieg der Anleihesegmente überrascht, weniger von der Richtung, aber doch klar von der Dimension. Die zehnjährige heimische Staatsanleihe lag im Herbst 2021 noch in der Null- oder Minuszinswelt und bewegte sich zuletzt Richtung 1%. Gleichzeitig weiteten sich aufgrund der Unsicherheit die Zinsvorsprünge bei Unternehmensanleihen aus. Steigender Basiszins plus steigende Spreads kommen in dieser Kombination selten vor und hinterließen dementsprechende Spuren in der Kursentwicklung. Wir sehen dies mittlerweile eher unter dem Blickwinkel der Chancen, vor allem die steigenden Basiszinsen der Staatsanleihen werden sich nicht dauerhaft fortsetzen. Erstmals seit Jahren wird Risiko wieder stärker bezahlt. Anleihestrategien werden daher wieder eine attraktivere Alternative, vor allem in Relation zu Cash.

Gedanke 8
ROHSTOFFE – GUTE BASIS FÜR POSITIVEN MEHRJAHRESTREND

Die Abhängigkeit von der Rohstoffversorgung wurde uns zuletzt klar vor Augen geführt. Der Rohstoffhunger ist breit und geht vom Industriebedarf bis hin zur Umsetzung der Energiewende. Die jeweilige Förderung ist kompliziert und wird teurer. Damit ist die Basis für einen mehrjährigen Trend gelegt. Der Blick auf die kurzfristigen Charts täuscht. Kupfer als Beispiel steht zwar auf einem All-Time-High, liegt aber dennoch nur unwesentlich über dem Niveau von 2011. In Anbetracht der kommenden Nachfrage erscheint es eher billig. Aus den Anlagestrategien sind Rohstoffe in den vergangenen Jahren völlig verschwunden. Wir sind mit unseren Sachwerte-Konzepten dem Thema treu geblieben. Die Logik für eine wohldosierte Beimischung von Rohstoffen und Rohstoffaktien in Ihrem Depot ist stimmig, und wohl der Inflationshedge mit der höchsten Treffsicherheit.

Gedanke 9
DAS ENDE DER GLOBALISIERUNG?

Larry Fink, Gründer der weltweit größten Fondsgesellschaft Blackrock, hat jüngst das Ende der Globalisierung ausgerufen. Die Formulierung mag überspitzt sein, hat aber einen wahren Kern. Der Höhepunkt scheint jedenfalls überschritten. Es wird sich für Entscheidungsträger nicht beliebig wiederholen lassen zu erklären, dass ein Werk still steht, weil ein Teil aus Taiwan oder Ukraine fehlt und es keine solide Absicherung mit Zweitlieferanten gibt. Nach Corona und dem Russland-Ukraine-Schock werden sich Lieferketten verändern. Dies wird einerseits viele Produkte insgesamt verteuern, kann andererseits aber auch viele Konjunktur- und Investmentchancen in Bereichen wie regionalere Logistik bringen.

Gedanke 10
PORTFOLIOKONSTRUKTION ANSTATT „MEINUNGSÜBERMUT“

Das Umfeld ist aktuell insgesamt nicht voll stimmig. Steigende Renditen trotz eintrübender Frühindikatoren, eine Inflationswelle mit offenem Ausgang, bemerkenswert solide Aktienmärkte und eine Geopolitik mit negativem und positivem Überraschungspotential. Dazu Notenbanken mit unterschiedlichen Zielen und Möglichkeiten. Gerade in diesem Umfeld ist es wichtig Portfolios zu bauen, die nicht nur in einem einzigen Szenario funktionieren, weil Sie dann eine 100%-Treffsicherheit brauchen, die es nicht gibt.
​​​​​​​Was haben wir zuletzt in unseren Anlagegremien entschieden? Exemplarisch die aktuelle Strategie unseres Musterfonds „Best of 3 Banken-Fonds“.

  • Wir haben eine Aktienquote von etwa 40%; damit nutzen wir die interne Höchstgewichtungsmöglichkeit nur zu etwa zwei Drittel aus und halten uns Möglichkeiten offen.
  • Innerhalb des Aktienteils sind wir weitgehend stilneutral. Wir stehen zur hohen US-Gewichtung, haben aber keine Präferenz für Value oder Growth. Daneben setzen wir drei Schwerpunkte mit einer Gewichtung von grob je 10%. Solide Dividendenstrategien, Zukunftstrends aus den Themen Mensch und Umwelt und eine substanzstarke und sehr minenlastige Sachwerte-Aktienstrategie.
  • ​​​​​​​Gut 40% liegen im Anleihebereich. Staatsanleihen dienen als Puffer, Inflationsschutzanleihen haben in Form einer 10% Beimischung hohen Mehrwert geliefert. Anleihen aus Emerging-Markets waren kompliziert, sind aber nur mit 10% gewichtet. Das Schwergewicht aber bilden breit gestreute Investments in Unternehmensanleihen. Die Renditen beginnen auf diesem Niveau bereits für Käufe zu reizen.
  • Etwa 7% liegen in der Ecke Rohstoffe/Gold. Wir decken hier die gesamte Bandbreite ab, von Energie bis Industriemetallen so wie Gold und Silber.
  • Zudem haben wir eine Cash-Quote von 10% aufgebaut. Ob und wann und in welches Segment wir diese Position wieder reinvestieren werden, wissen wir heute nicht. Damit können wir insgesamt auf die Entwicklungen reagieren und haben uns nicht meinungsmäßig auf ein Kernszenario einzementiert.

 

GEDULDIG BLEIBEN

Aus der aktuellen Informationslage kann man schwer ein glasklares Szenario definieren. Ab und zu ist es besser etwas Zeit vergehen zu lassen bis man wieder klarer sieht. Gerade in diesen Phasen ist Diversifikation besser als hektische Vorgriffe auf Entwicklungen, die eintreten oder auch nicht. Warren Buffett beschreibt die Kapitalmärkte folgendermaßen: „Der Aktienmarkt ist ein Instrument, um Geld von den Ungeduldigen zu den Geduldigen zu übertragen.“ Bewahren Sie sich Ihre Geduld – und auch Ihre Zuversicht.

 

Ihr Alois Wögerbauer

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