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Interview I Fondsjournal Oktober 2023

„Es ist nach wie vor Large-Cap-Zeit“

Mag. Werner Leithenmüller, Leiter unseres Aktienteams, erläutert im Interview das aktuelle Umfeld und die Umsetzung in unseren Strategien.
Quelle: Shutterstock
Fondsjournal: Was bedeutet „higher for longer“ für die Aktienwelt und warum gibt die Notenbank gerade jetzt erneut diese Botschaft aus?
Werner Leithenmüller: Höhere Zinsen auf längere Zeit sind grundsätzlich nichts Gutes für die Aktienmärkte. Die Kapitalkosten steigen, die Refinanzierung wird erschwert und das zukünftige Wachstumspotenzial wird maßgeblich gedämpft. In der Welt der Investmentstile im Aktienbereich schwenkt aktuell der Fokus somit auf defensivere Ausrichtungen wie Value, Dividende oder Sachwerte. Ein „Einknicken“ der FED in ihrer Haltung und in ihrem Tun erwarten wir kurz bis mittelfristig nicht. Nach wie vor sind die Makrodaten offensichtlich zu gut, um das sogenannte „Tightening“ im Sinne einer monetären Straffung und positiver Realzinsen bei sinkenden Inflationsraten weiter voranzutreiben. Die Charttechnik – speziell bei den 10jährigen US-Zinsen – sieht sich gegenwärtig mit keinen Widerständen konfrontiert und auch das hohe Angebot an Treasuries könnten als weitere Impulsgeber genannt werden. Es ist zu attestieren, dass die Zentralbanken weiter das Heft fest in der Hand haben und sich der Markt mittelfristig wird wohl anpassen müssen. Dieser Anpassungsprozess dauert mittlerweile bereits mehrere Monate an; erste Zinssenkungen werden mehr und mehr ins Jahr 2024 verschoben. Erste Mitte 2024 sind erste Senkungen realistisch. Marktimpulse erwarten wir jedoch schon früher.

Notenbanken ändern oft rasch die Meinung, besteht die Gefahr, dass man rasch zurückrudern muss?
Leithenmüller: Das Risiko einer abrupten Zinswende in die Gegenrichtung besteht natürlich immer, wenn Makrodaten wie etwa der US-Konsument, die Gewinnentwicklung oder Bankenprobleme auf regionaler Ebene dramatische Einbrüche verzeichnen. Bislang beobachten wir vereinzelte und zum Teil auch deutliche Eintrübungen wie zum Beispiel am US-Housing-Market, diese veranlassten die FED-Mitglieder jedoch zu keinem überhasteten Handeln. Gegenwärtig müssen wir festhalten, dass der monetäre Spagat zwischen Inflationsbekämpfung und Wirtschaftsdämpfung recht gut funktioniert, ohne diese abzuwürgen; eigentlich besser als man erwarten durfte.

Im Gegensatz zu Europa ist „higher for longer“ in China kein Thema – es geht sogar in die Gegenrichtung.
Leithenmüller: Europa folgt zeitverzögert und im Gleichschritt den Vereinigten Staaten; auch hier erwarten wir bis Jahresende eine erfolgreiche Plateaubildung; die unterschiedliche Verschuldung einzelner Nationen - Stichwort Italien - kann natürlich entsprechende Implikationen hervorrufen, sollte die EZB ihr Mandat überbeanspruchen. In China sehen wir eine diametrale Geldpolitik; weitere Lockerungsmaßnahmen stehen hier in Aussicht, da die Probleme am Immobilienmarkt tendenziell an Dynamik gewinnen. Die bislang gesetzten Maßnahmen von der Zentralregierung in Peking wie die Reduktion einzelner Finanzierungssätze oder Reduktion der Börsesteuer reichten den Investoren bislang nicht aus, womit die Unterperformance begründet werden kann. Wir sind hier weiterhin sehr zurückhaltend, in unseren globalen Selektionsportfolios halten wir aktuell nur den Autobauer BYD.

Welche Aktiensegmente könnten im aktuellen Umfeld besonders attraktiv erscheinen?
Leithenmüller: Grundsätzlich gilt: Unternehmen mit tiefer Verschuldung, wenig Kapitalbedarf, hoher Eigenfinanzierung und Preissetzungsmacht sollte der Vorzug gegeben werden – speziell, wenn „higher for longer“ gilt. Pharma- und Konsumgüterunternehmen kommen uns dabei als erstes in den Sinn, aber auch Versicherungen. Blickt man auf die Performanceträger, die „magnificient seven“ - Meta, Apple, Amazon, Tesla, MSFT, Nvidia und Google - in den amerikanischer Indizes in diesem Jahr, so sehen wir hier definitiv keine bevorstehende Belastungsprobe, verursacht durch höhere Finanzierungskosten.

Inwieweit hat die neue Zinswelt die Profitabilität der Unternehmen in den letzten Jahren beeinflusst? Ist eine Kreditklemme ein denkbares Risko, wenn man sich die Kreditvergabe ansieht?
Leithenmüller: Die starken Zinsanstiege haben offensichtlich das Gewinnwachstum deutlich gebremst; je nach Kapitalintensität hat sich somit das Umfeld für einzelne Branchen mehr oder weniger stark verändert. Small- und Mid-Caps, Private-Equity und Start-Ups sind von dieser „neuen Normalität“ besonders betroffen; eine Trendwende – weg von Large-Caps – sehen wir vorerst noch nicht. Wir sehen noch keinen „Credit-Crunch“, aber sich verschlechternde Kreditvergabebedingungen und steigende Chapter-11 (Sanierungsverfahren) und Konkursanträge. Diese Entwicklung ist vorläufig noch nicht dramatisch, muss aber beobachtet werden.

Welche Probleme für den Aktienmarkt sind zu erwarten, wenn die Zinsen ​​​​​​längere Zeit auf dem aktuellen Niveau bleiben?
Leithenmüller: Die gegenwärtig hohen Zinsen stecken bereits in den Preisen der Aktien; eine Eintrübung würde jedoch stattfinden, wenn sich die FED gezwungen sieht, über das in Aussicht gestellt Zinsniveau weitere Schritte zu setzen; das wäre zu erwarten, wenn die Inflation, nach gegenwärtig deutlichen Rückgängen, wieder aufflammt und die Gewerkschaften via hoher Lohnabschlüsse Zweitrundeneffekte auslösen. Die Streiks in der US-Autoindustrie mit enormen Forderungen stehen somit in unserem Fokus, da sie richtungsweisend sein könnten für andere Branchen; auch die Gewinnentwicklung auf Indexebene ist nicht unwesentlich. Wie bereits erwähnt, hat sich die sich die Gewinnwachstumskurve abgeflacht und tendiert gegenwärtig seitwärts. Für 2024 wird ein zweistelliges Wachstum als Konsens erwartet – das erscheint hoch und steht im Fokus. Deutlich negativ wären rückläufige Gewinnwachstumsraten zu werten.

Welche Makrorisiken sehen Sie, abgeleitet von dieser Notenbankpolitik m​​​​​​it Blick auf den US-Konsumenten und auf den Bausektor? Gibt es Parallelen zur Finanzkrise von 2007?
Leithenmüller: Der große Unterschied zur Finanzkrise ist, dass die Gewinnentwicklung aktuell viel resilienter ist als 2007/2008. Das hängt damit zusammen, dass der US-Konsument bei deutlich fallenden Sparraten weiter in Beschäftigung steht und sogenannte „Fire-Sales“ am Immobilienmarkt bislang ausblieben; insofern gilt: ja, es gibt Parallelen, aber einzelne Marktparameter wie Arbeitslosigkeit oder Gewinnentwicklung sind gegenwärtig nach wie vor sehr stark und brechen nicht ein. Eine der großen aktuellen Fragen dreht sich auch darum, wie viel der monetären Förderungen vom US-Konsumenten bereits ausgegeben wurden. Einzelne Schätzungen gehen davon aus, dass dieses Geld bis Ende 2023 reicht. Manche rechnen damit, dass der Konsument bis 2025 ​​​​​​​über die Runden kommt.

​​​​​​​Wie sind sie im Aktienbereich in diesem Umfeld aufgestellt?
Leithenmüller: Wir bevorzugen ganz klar Large-Caps; Geschäftsmodelle, die gut abgesichert sind oder auch staatlich reguliert, mit starken Marken, hoher Innovation und wenig Konkurrenz. Die Entwicklung der Schulden, die Refinanzierung und der zukünftige Kapitalbedarf sind in dieser Situation – higher for longer – ein Thema, das noch stärker ins Zentrum wandert als bisher. Für eine breite Gewichtung von Small-Caps scheint es noch zu früh. Und in unseren verschiedenen Mischfondskonzepten nutzen wir die jeweilige Aktienhöchstgrenze nur zu knapp zwei Drittel aus.




 

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