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Editorial I Fondsjournal Oktober 2022

10 Gedanken für das 4. Quartal 2022

„I wish there were a painless way to do that. There isn´t.“ Konsequente Inflationsbekämpfung ohne Schmerzen ist nicht möglich. Mit diesen klaren Worten hat FED-Chef Jerome Powell im Rahmen der jüngsten Zinserhöhung die unmittelbare Politik der US-Notenbank klar und unmissverständlich verankert.
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Einmal mehr wurde damit klar ausgesagt, dass man den Fehler, zu wenig gegen die Inflation zu tun, unbedingt vermeiden will und damit die Möglichkeit einer Rezession bewusst in Kauf nimmt. Obwohl die Konjunkturindikatoren rund um den Globus bereits eine deutliche Abkühlung anzeigen, haben sich nach den jüngsten Aussagen und Aktionen von FED und Co. sowohl die Leitzinserwartungen für die kommenden zwölf Monate als auch die Kapitalmarktrenditen neuerlich auf nochmals höhere Niveaus bewegt. Diskussionen nach dem Motto „zu spät“, „zu viel“ oder „Inflation unterschätzt“ kann man klarerweise führen, sind aber mit dem Blick in den Rückspiegel stets leichter, als wenn man in die Zukunft gerichtet entscheiden muss. Der aktuelle Weg bleibt daher mit dem Ziel der Rückkehr der Finanzsysteme zur Normalität schmerzvoll, aber eben richtig.

 

 

 

10 GEDANKEN

Mit breiten Verlusten bei Aktien und auch bei Anleihen über alle Laufzeiten und Segmente hinweg brachte der bisherige Jahresverlauf eine komplizierte Entwicklung mit teilweise historischen Bewegungen. Im Blick auf das vierte Quartal und darüber hinaus versuchen wir mit 10 Gedanken das Gesamtbild zu schärfen.

Gedanke 1
DIE GEPLANTE REZESSION

Notenbanken waren immer schon wesentlicher Einflussfaktor für die Kapitalmärkte, aber: In den vergangenen zwanzig und mehr Jahren waren die Notenbanken immer präsent, um Rezessionen zu entschärfen, Krisen zu vermeiden oder Eskalationen durch Bereitstellung von Liquidität zu verhindern.
Diesmal ist es anders, auch wenn es nicht so klar ausgesprochen wird: Das Angebot ist nicht veränderbar, also kann die Inflation nur bekämpft werden, indem man die Nachfrage reduziert. Die Notenbanken steuern daher bewusst Richtung Rezession, die Frage ist nicht mehr „ob“, sondern nur mehr „wie lange“ und „wie tief“. Wir wiederholen an dieser Stelle: Schmerzvoll, aber alternativlos.

Gedanke 2
EIN WIEDER NORMALES FINANZSYSTEM

Normal ist das aktuelle Vorgehen der Notenbanken, nicht normal waren Negativzinsen und massive Ausweitungen der Notenbankbilanzen. Nur weil etwas über viele Jahre stattfindet, ist dies noch nicht Normalität, auch wenn man sich daran gewöhnt. Wir alle haben als Teil der Finanzindustrie dies immer wieder kommentiert, aber letztendlich irgendwann im Laufe der Jahre doch hingenommen – auch weil es viele Vorteile daraus gab. Außerdem ist der Blick auf beide Seiten einer Medaille wichtig. Wer die „zu tiefen Zinsen“ in der Vergangenheit nachvollziehbar kritisiert hat, sollte auch immer auf die dann auch „zu günstigen Kreditfinanzierungen“ hingewiesen haben, was nicht immer der Fall war.

Gedanke 3
RISIKO UND ERTRAG

Ein normales Finanzsystem schafft einen adäquaten Ausgleich aus den genommenen Risiken und den daraus möglichen Erträgen. 0,50% Rendite für eine Unternehmensanleihe mit fünf Jahren Laufzeit waren nicht dem Risiko entsprechend, aber vor zwölf Monaten noch gängige Marktumgebung. Ob der faire Wert dieser symbolischen Anleihe bei einer Rendite von 3,5% oder mehr oder weniger liegt, werden die kommenden Monate herausarbeiten. Zudem: Ein Geschäftsmodell ohne nachhaltige Gewinnperspektive sollte nicht zu Milliardenbewertungen am Aktienmarkt führen. Auch gibt es kein Grundrecht, dass Immobilienpreise „automatisch“ steigen und auch der Preishype um Kunst, Uhren, Old-Timer & Co wird sich ohne Nullzinswelt so wohl nicht wiederholen. Sehen wir es daher positiv: Wir sind auf dem Weg zurück zur Normalität.

Gedanke 4
AKTIENMÄRKTE AM HÖHEPUNKT DER UNSICHERHEIT

Aktienmärkte preisen in der Regel die Tragfähigkeit und Ertragsmöglichkeiten eines Geschäftsmodells der kommenden fünf oder mehr Jahre. Soweit die Theorie. In der Praxis wird dies immer wieder außer Kraft gesetzt, wenn der kurzfristige Blick völlig fehlt. Zuletzt haben wir dies gesehen im Umfeld des Ausbruchs der Corona-Pandemie. Aktuell gilt dies vor allem für sehr energieintensive Geschäftsmodelle. Wenn Unternehmen dann, wie aktuell oft zu sehen, auch die komplette Guidance aussetzen, dann fühlt man sich als Investor zugegeben oft recht allein gelassen. Wie sollen Investoren ein Unternehmen bewerten, wenn die Führung des Unternehmens keine Aussagen zum kommenden Geschäftsgang machen kann oder will? Der Bärenmarkt endet dann, wenn die Stimmung am Tiefpunkt ist. Ehrlicherweise muss man auch mit viel Markterfahrung zugeben, dass Tief- und Höhepunkte im Nachhinein immer sehr klar sind, im Voraus aber schwer festzumachen. Tatsache ist aber, dass die gesamte Breite der Stimmungsindikatoren und Marktpositionierungen einen Pessimismus nahe historischer Höhepunkte zeigt. Eine auch nur leichte Entspannung – vor allem im Bereich Inflation oder Geopolitik – würde eine wohl mächtige Gegenreaktion auslösen und Unternehmen wieder mit der Mehrjahresperspektive bewerten. Wir schreiben daher unseren Ratschlag, mit einem wesentlichen Teil investiert zu bleiben und schrittweise, ohne jeden Zeitdruck zuzukaufen, weiter fort.

Gedanke 5
INFLATION – GRUNDSÄTZLICHE GEDANKEN

Warum die Gelddruckaktivitäten der vergangenen zwanzig Jahre nicht längst zu Inflation geführt haben, war ökonomischer Diskussions- und Streitpunkt auf vielen Ebenen. Letztendlich waren es – sehr vereinfacht dargestellt – nur Buchungen auf Notenbank-Ebene, ohne dass das neu geschaffene Geld in der realen Welt ankam. Corona veränderte dies. Die breite Förderung und teilweise Überförderung pumpte dann Geld direkt in die reale Welt. Diesem geschaffenen Geld stand aber keine Güterproduktion oder Dienstleistung gegenüber. Wenn mehr Geld auf gleiche Güter trifft, dann hat das Folgen für die Preise. Die Energiekrise, ausgelöst durch den Russland-Ukraine-Krieg, brachte dann die finale Inflationsexplosion. Wenn nun die Notenbanken die Zinsen rasant erhöhen und Geld aus dem System nehmen, um durch den gewünschten Nachfragerückgang die Inflationswelle zu brechen und dann aber die Politik vielerorts wieder undifferenziert Geld ins System schüttet, um genau diesen Nachfragerückgang – und leider auch Wohlstandsverlust – wieder abzufedern, dann ist das Verständnis für Grundzusammenhänge nur bedingt vorhanden. Das jüngste Beispiel Großbritanniens mit einem Absturz der Währung und steigenden Zinsen zeigt, dass undifferenzierte Fiskalpolitik eben bestraft und nicht belohnt wird.

Gedanke 6
INFLATION AKTUELL – SPITZE NÄHER ALS WIR DENKEN?

In der tagesaktuellen Meldungshektik geht manche Information unter. Die Preise für Rohöl stehen aktuell tiefer (!) als zu Ausbruch des Russland-Ukraine-Konfliktes. Die Preise für alle wesentlichen Industriemetalle haben deutlich korrigiert. Die Lieferketten beginnen sich langsam, aber doch zu stabilisieren. Die Frühindikatoren der Wirtschaft sind klar negativ, gleichzeitig haben viele Unternehmen verschiedenster Branchen einen deutlichen Lageraufbau betrieben. Die „neue“ Finanzierungswelt wird viele Projekte aufschieben – und damit „Druck vom Kessel nehmen“. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir in den kommenden drei bis sechs Monaten die Spitze der Inflationsentwicklung sehen, ist daher hoch. Als mutiger Investor wird man sich vorher positionieren müssen, so schwer dies auch im Umfeld der Tagesaktualität fällt.

Gedanke 7
LEITZINSERWARTUNGEN – SIND WIR MIT DEN ANSTIEGEN DURCH?

Die vergangenen Monate waren gekennzeichnet von galoppierenden Erwartungen bezüglich der Zinserhöhungen der Notenbanken. Diese Erwartungen orientieren sich an der jeweils aktuellen Datenlage. Es ist die aktuelle gepreiste Konsensmeinung – nicht mehr und nicht weniger. In den USA liegt die Erwartung für den Leitzins in 12 Monaten mittlerweile im 5%-Bereich, unter anderem auch,weil trotz Konjunktureintrübung der Arbeitsmarkt bemerkenswert stark ist. In der EURO-Zone liegt die Erwartung mittlerweile bei 3,25%. Ob dies so eintritt – und ob dies die europäische Konjunktur „aushält“ - wird sich weisen. Jedenfalls gehen wir davon aus, dass mit den aktuellen – und damit im Markt gepreisten Erwartungen – das obere Ende und damit der „Deckel“ erreicht sein sollte, ohne sich auf Punktprognosen festzulegen.

Gedanke 8
ANLEIHEN – EINE ASSET-KLASSE KEHRT ZURÜCK

Nach vielen Jahren der Tiefstzinsen etwas aus dem Blickfeld geraten, kehrt eine Asset-Klasse fulminant zurück – mit großem Schmerz aufgrund der Kursverluste bei bestehenden Investments, aber auch mit völlig neuen Ertragsperspektiven für Neuveranlagungen mit Blick in die Zukunft. Die Rendite eines Portfolios mit EURO-Investment-Grade-Anleihen mittlerer Laufzeit liegt mittlerweile bei etwa 4%. Dies ist ein Niveau, welches wir seit über 10 Jahren so nicht gesehen haben. Auch hier zeigt der Blick in die Geschichte, dass die Neuanpassung an Inflation und Konjunkturrisiken zu einem Großteil abgearbeitet sein sollte, auch hier kennen wir die Schwierigkeit von Timing und Punktprognosen.
​​​​​​​P.S.: Die aktuell oft gestellte Frage lautet: „Warum soll ich mich mit 4% für 5 Jahre binden, wenn doch der Leitzins bald bei 3% steht und vor allem auch kurzlaufende Anleihen gute Renditen bringen?“ Die Antwort ist leicht und klar: 1) Weil der Leitzins vielleicht in 12 Monaten bei 3% liegt, heute aber noch deutlich darunter ist. 2) Weil man sich das aktuelle Renditeniveau der Anleihen für 5 Jahre sichern kann, während wir nicht davon ausgehen, dass im Schnitt der kommenden 5 Jahre eine Kurzfristveranlagung 3% und mehr bringen wird.

Gedanke 9
WÄHRUNGEN – DER MÄCHTIGE EFFEKT 2022

In einer Dimension wie selten zuvor haben im Jahr 2022 Währungseffekte den Erfolg der Geldanlage beeinflusst. Die zentrale Aussage, wonach in den USA „alles gut“ und in Europa „alles schlecht“ ist, hat, was die Aktienmärkte betrifft, im Rückblick der vergangenen Jahre, wenn auch überspitzt formuliert, durchaus Richtigkeit. Für das Jahr 2022 ist dies aber zu spezifizieren und greift zu kurz. Mit einem Minus von 23% liegt der breite US-Aktienmarkt schlechter als der breite europäische Aktienmarkt, welcher bei minus 20% liegt. Allerdings ist der US-Dollar im Vergleich zum EURO 2022 um bisher 18% gestiegen. Klarerweise zählt in der EUROBetrachtung die Summe aus Kurs und Währung, dennoch ist es wichtig zu wissen, woher die bessere Entwicklung der USA für den EURO-Investor kommt. Internationale Diversifikation bleibt daher angesagt. Ob man die Gewichtung des renommierten Weltindex im Depot nachbauen will, bleibt persönliche Entscheidung. Aktuell liegt der US-Dollar-Anteil bereits bei 70%, jener des EURO-Raumes bei 7%.

Gedanke 10
EIN VERSUCH FÜR OPTIMISMUS

Wir wollen in unseren Kommentaren die möglichen Risiken und Verwerfungen in keinster Weise kleinreden. Wir gehen aber davon aus, dass Sie medial damit gut versorgt sind und verzichten daher auf eine neuerliche taxative Aufzählung. Wir zwingen uns gerade aktuell zu einem klaren globalen Blick, haben in den Mischkonzepten die mögliche Aktienhöchstquote zu 60% ausgenützt – und respektieren, dass der Blick auf die kommenden Wochen und Monaten die Kurse mehr beeinflusst als die Mehrjahresperspektiven eines Geschäftsmodells. Neu sind solche Phasen nicht. Wir sehen den Anleihemarkt als Rückkehr einer Asset-Klasse, wo sich die neue Risiko-Ertragswelt in den kommenden Monaten wohl mit Schwankungen, aber doch auf einem neuen attraktiven Niveau einpendeln wird.

Gerade wenn die Hektik des Alltags hoch ist, fehlt oft der Blick für Veränderungen, die wenig bemerkt im Hintergrund passieren. Wenn alle Themen gelöst sind, wird es für Investments zu spät sein. Je höher der Mut ist, den man zum Einstieg braucht, desto höher sind die Ertragsaussichten.

Wir wissen, dass die kommenden Monate nicht einfach werden. Wir sind aber getragen von einer Überzeugung. Der aktuelle Weg der Notenbanken ist grundsätzlich richtig und alternativlos. Im Rückblick wird es wieder einfach sein, das eine oder andere Detail zu kritisieren.

Es bleibt daher das Motto: Wir müssen da jetzt gemeinsam durch. Aber nach dieser Phase wird das Finanzsystem ein wieder normaleres und damit besseres sein als in den Jahren, wo Gelddrucken und Negativzinsen die Schlagzeilen prägten. Und das ist insgesamt eine gute Nachricht.

„I wish there were a painless way to do that. There isn`t”

 

 

Ihr Alois Wögerbauer

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