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Editorial | Fondsjournal April 2021

US-Zinsen im Fokus

1.900 Milliarden US-Dollar – dies ist die jüngste Stimulus-Summe, welche die US-Regierung zur Ankurbelung der Wirtschaft bereitgestellt hat. Ein wesentlicher Teil davon geht als Scheck direkt an die Bevölkerung. Umfragen zeigen, dass ein beträchtlicher Teil davon wiederum in den Aktienkauf fließen wird, da die Sparquoten auch vor diesem Geldgeschenk schon auf historisch hohen Niveaus lagen.
Quelle: Shutterstock

Das nächste Ziel der Biden-Administration ist es, ein Infrastrukturpaket voran zutreiben, das bis zu 2.000 Milliarden US-Dollar schwer sein soll. „Historisch“ – so wäre wieder einmal die logische Bezeichnung. Man wird aber vorsichtig mit der Verwendung dieses Begriffes, da zu viel in den vergangenen zwölf Monaten unter die Kategorie „historisch“ fiel und die Bezeichnung „noch historischer“ im deutschen Sprachgebrauch nicht wirklich vorgesehen ist. Immer wenn Beträge nicht mehr greifbar sind, helfen relative Bezugsgrößen. Zum Vergleich: In Dollar berechnet liegt die jährliche Wirtschaftsleistung von Deutschland aktuell bei ca. 4.000 Milliarden. Der jüngste Fokus der Märkte auf die US-Renditen macht die Lage einfach und schwierig zugleich. Einfach, weil es das zentrale Thema ist. Schwierig, weil dieses eine Thema je nach Entwicklung eine Kausalkette bei US-Dollar, Gold, Emerging-Markets und Aktienmarkt auslöst.
 

 

 

FUNDAMENTALDATEN UND STIMMUNGEN

Seit es Börsen gibt, sind sie geprägt von Fundamentaldaten einerseits und Stimmungen sowie Emotionen andererseits. Erstere setzen sich langfristig durch, Zweitere können zwischenzeitlich für mächtige Irritationen und Schwankungen sorgen. Stur nur auf eine dieser beiden zu Welten zu setzen, wird sich langfristig als Irrweg erweisen. Geldanlage muss zwingend immer beide Seiten berücksichtigen.

Diese beiden Seiten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert. Beim Start meines „Börsenlebens“ vor mittlerweile 30 Jahren hätte ich die Relation wohl noch bei 80/20 festgelegt – zugunsten der Fundamentaldaten. 30 Jahre später bin ich immer noch von der Fundamentalanalyse überzeugt, die massiven Eingriffe der Notenbanken und die eben durch diese Eingriffe verzerrten Anleihemärkte haben aber eine neue Welt geschaffen. Die gleiche Frage wie vor 30 Jahren würde ich heute eher mit 50/50 bewerten. Fundamentalanalyse ist wichtig, aber ein Blick auf die Stimmungen, die Branchenrotationen und die Kapitalströme ist genauso wichtig. Diese Welt ist gekommen, um zu bleiben. Dies zu bejammern bringt keinerlei Mehrwert und ist auch nicht Aufgabe von Geldverwaltern.

DIE FUNDAMENTALDATEN…

Geldanlage ist immer global. Kaum ein Markt ist so international vernetzt und verbunden wie der Kapitalmarkt. Gerade der österreichische Blick konzentriert sich aber zu sehr auf Tourismus und Gastronomie, was oft den Blick auf die Lage in der heimischen Industrie und auch der generellen globalen Umgebung verstellt. Der März 2021 brachte einige doch klare Erkenntnisse. Die Wachstumserwartungen der Weltwirtschaft wurden nach oben revidiert, jene für Europa nach unten revidiert. Die komplizierte politische Struktur Europas scheint einmal mehr – wie eigentlich bei allen Krisen – ein Hemmschuh zu sein, die Themen ändern sich; das aktuelle Thema heißt Impf-Fortschritt.

Aber lassen wir das alles beiseite und widmen wir uns den globalen Daten. Laut Internationalem Währungsfonds wird die Weltwirtschaft 2021 um über 5 % wachsen und damit das Schrumpfen von 2020 von 3,5 %, welches bemerkenswert gering war, wieder egalisieren.

DIE AKTIENBEWERTUNG…

Konzentrieren wir uns der Einfachheit halber auf das traditionelle Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Die Weltbörsen liegen hier aktuell bei einem Wert von knapp unter 20. Dass einzelne Branchen, Themen oder Titel Überbewertungen zeigen ist so alt wie die Börse. Ein KGV von 20 sagt, dass dieses Unternehmen mit dem 20-fachen eines Jahresgewinnes bewertet ist. Oder symbolisch formuliert: Eine Aktie, die bei 100 EUR notiert und ein KGV von 20 hat, macht einen Gewinn je Aktie von 5 EUR, was man auch als Gewinnrendite von 5 % bezeichnen kann.

Kein Mensch würde auf die Idee kommen, eine Immobilienbewertung ohne Berücksichtigung des aktuellen Zinsniveaus durchzuführen. Für Anleihen gilt dies ohnehin. In der Fachsprache wird diese 5 % Gewinnrendite dann als „Risikoprämie“ bezeichnet, indem man den Vorsprung zur sogenannten risikolosen Staatsanleihe definiert. Diese Staatsanleiherenditen liegen im EURO-Raum immer noch im negativen Bereich, wenn auch etwas weniger negativ als vor einigen Wochen. In den USA liegt die Rendite für 10-jährige Bindungen bei etwa 1,7 %.

Aus der nüchternen Betrachtung der Fundamentaldaten lässt sich daher unter Berücksichtigung des Zinsniveaus weiterhin keine strukturelle Überbewertung des Aktienmarktes ableiten. Wir haben an dieser Stelle oft darauf hingewiesen und bleiben unserer Überzeugung treu.

DIE STIMMUNG…

Die Märkte haben sich zuletzt stark auf die Entwicklung der 10-jährigen US-Staatsanleihen konzentriert. Die oft in Kommentaren gelesene Formulierung, dass sich die 10-jährigen US-Renditen von etwa 0,5 % auf aktuell etwa 1,7 % mehr als verdreifacht haben, ist eine oberflächliche und letztendlich auch unzulässige Verkürzung.

Es ist nicht seriös, Entwicklungen aus dem Blickwinkel des Tiefststandes zu beurteilen. Im Jahr 2019 pendelten die US-Renditen zwischen 1,5 % und 2 %. Dann kam die Corona-Pandemie. Nunmehr gibt es gute Gründe, diese Pandemie in den kommenden Monaten wieder auszupreisen. Wo ist dann das Problem, wenn die US-Renditen wieder bei 1,5 % bis 2 % pendeln? Die Aufgeregtheit ist bemerkenswert. Die Gelassenheit der US-Notenbank FED ist beachtlich und richtig. Eine Notenbank, die die Wünsche des Marktes einfach erfüllt, ist mittelfristig verloren. Ein Einschreiten hätte noch keinen Sinn gemacht.

Wir sehen mächtige Branchenrotationen, wir sehen Korrekturen bei einzelnen überteuerten Marktsegmenten, aber der Gesamtmarkt ist stabil. Einschreiten kann man immer noch, es wäre aktuell zu früh. Wir bleiben bei unserer Annahme, dass die Notenbank bis zu einem Niveau bis 2 % nicht intervenieren wird.

Die Gelassenheit der FED wäre auch der EZB anzuraten. Wenn EZB-Direktorin Isabell Schnabel zuletzt von „zu schnell und zu deutlich steigenden Renditen“ spricht, dann ist das schwer nachvollziehbar und auch nicht die richtige Botschaft an den Markt. Ein „Anstieg“ der Renditen 10-jähriger Bundesanleihen Deutschland von etwa minus 0,85 % auf nun etwa minus 0,30 % sollte wohl wirklich keine hektischen Kommentare der EZB nach sich ziehen. Dennoch signalisierte die EZB die Bereitschaft das Ankaufstempo wenn nötig zu erhöhen.

DAS MONATSFAZIT

  • Branchenrotationen sind normal. Die Wahrscheinlichkeit, dass weiterhin Geld von „Growth“ Richtung „Value“ fließt, ist hoch. Ausgewogenheit ist und bleibt das Motto 2021. • Die Renditen der Anleihen sind immer noch zu tief, um eine echte strategische Alternative zum Aktienmarkt zu sein. Achten Sie auf die Risikoprämie.
  • Der Revisionstrend der Konjunkturerwartungen ist für die USA und den Rest der Welt auch im 2. Quartal 2021 eher positiv und für die EURO-Zone eher negativ.
  • Die globalen Kapitalströme sind mindestens genauso wichtig wie die Fundamentaldaten. Fundamentaldaten sind oft Ansichtssache, Kapitalströme sind eine Tatsache.
  • Die Inflationsraten werden in den kommenden Monaten wohl nach oben schießen. Leiten Sie daraus keinen Mehrjahrestrend ab.
  • Die Rohstoff-Story ist intakt. Gold hat zuletzt gelitten. Angesichts steigender US-Zinsen und eines steigenden US-Dollars könnte man dies aber auch als gut gehalten bezeichnen. Bleiben Sie investiert, es ist aber nicht die Zeit massiver Übergewichtungen.

Unsere Grundüberzeugungen haben sich insgesamt nicht verändert. Die Märkte haben manche Entwicklung wohl zurecht in vielen Bereichen vorweggenommen. In den kommenden Quartalen gehen wir davon aus, dass die kurzfristigen Inflationsraten stärker steigen werden als die langfristigen Zinsen. Investiert zu sein in Anleihen mit Mehrwert, in Aktien und in Sachwerten bleibt daher unverändert unsere Kernempfehlung.

Ihr Alois Wögerbauer

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