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Editorial I Fondsjournal November 2023

Was sagen uns die US-Zinsen?

Weiter steigende Renditen, vor allem bei den länger laufenden Staatsanleihen in den USA, global sinkende Aktienkurse und dazu ein weiterer geopolitischer Konflikt: Der Oktober 2023 brachte wenig erfreuliche Entwicklungen. Wir sollten uns in der Geopolitik keinen Illusionen hingeben, so ist die aktuelle Welt, in der wir leben, und wir müssen sie so akzeptieren.
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Kurzfristige Lösungen sind weder wahrscheinlich noch realistisch. Dennoch zeigen die Erfahrungen nicht nur der vergangenen Jahre, sondern sogar der vergangenen Jahrzehnte, dass es sehr schwierig ist, aus der politischen Lage der Welt Investmententscheidungen abzuleiten. Einerseits ist die Prognose schwer möglich, andererseits gibt es unabhängig von der jeweiligen Tragik auch einen erheblichen Gewöhnungseffekt. Der aktuelle, neue Konflikt drängt den zuletzt hoch aktuellen Konflikt in den Hintergrund, so war es immer, so ist es auch jetzt. Wir wollen uns daher an dieser Stelle vor allem auf das globale Finanzgefüge konzentrieren.
 

 

 

NORMALISIERUNG UND DIE FOLGEN

„Erst wenn die Flut sich zurückzieht, sieht man, wer ohne Badehosen schwimmen war“ – sagt die Investmentlegende Warren Buffet. Die radikale Zinswende entfacht aktuell Schritt für Schritt ihre Wirkung, grundsätzliche Regeln, die im Umfeld von Null- und Negativzinsen in Vergessenheit gerieten, feiern völlig zurecht ihre Wiederkehr. Was gut und richtig ist, aber schmerzvoll sein kann.
 

AM ENDE DES TAGES: ES GEHT UM ANGEBOT UND NACHFRAGE

Der Anstieg der 10-jährigen US-Staatsanleihen in den Bereich von 5 % Rendite war sicherlich die prägendste Finanzmarktentwicklung des Monats Oktober. Immerhin lag vor wenigen Monaten, im Juli 2023, die Rendite noch bei unter 4 %. Ein Niveau von 5 % gab es zuletzt vor 16 Jahren, im Jahr 2007, kurz vor der Finanzkrise beginnend 2008. Man kann als einen Teil der Begründung sicherlich die robuste US-Konjunktur anführen. Während die Geldpolitik in Form von Zinserhöhungen strafft, ist die Fiskalpolitik in Form der US-Regierung konjunkturfördernd. Die mehrjährigen staatlichen Ausgabenprogramme werden auf absehbare Zeit laut Schätzungen etwa 0,30 Prozentpunkte zum jährlichen Wirtschaftswachstum beitragen, dazu kommen Steueranreize für Investitionen.

Der Hauptgrund für den Renditeanstieg liegt aber wohl eher bei den Staatsausgaben. Die US-Staatsverschuldung steigt rasant und wird laut Schätzungen in einigen Jahren 130 % der jährlichen Wirtschaftsleistung erreichen. Allein die Zinszahlungen werden Richtung 1.000 Milliarden Dollar pro Jahr gehen, ein bemerkenswerter Betrag bei zuletzt etwa 5.000 Milliarden Dollar Steuereinnahmen pro Jahr.

Wer aber kauft die zahlreichen neu emittierten Staatsanleihen? Die Welt hat sich verändert. Die Japaner kaufen weniger, die Chinesen stehen sogar auf der Verkaufsseite, viele Länder aus den Emerging-Markets wollen ohnehin ihre Abhängigkeit vom Dollar verringern. Und auch die eigene Notenbank kauft nicht und möchte die Bilanzsumme sogar reduzieren. In nicht durch externe Eingriffe manipulierten Märkten geht es am Ende des Tages bei der Preisfindung nur um Angebot und Nachfrage. Und bei US-Staatsanleihen trifft aktuell ein steigendes Angebot auf eine sinkende Nachfrage.

Was bedeutet die US-Schuldenentwicklung für den US-Dollar? Kurzfristig sind die im Vergleich höheren Zinsen sicherlich währungsstützend, die Rendite der US-Staatsanleihen liegt im 10-Jahresbereich immerhin über jener von Italien. Hohe Zinsen ziehen vorerst Kapital an. Zudem können die Amerikaner mit dem starken Dollar ganz gut leben. Die Konjunktur ist noch solide, zudem ist eine starke Währung eher inflationsdämpfend.

Aber: 2024 wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Wie wahrscheinlich ist in diesem Umfeld eine US-Notenbank, die mit aggressiver Geldpolitik die Konjunkturentwicklung gefährdet? Gering. Angenommen die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen würde im Sommer 2024 aufgrund geringer Inflation und wenig Konjunkturdynamik wieder auf das Niveau von Sommer 2023 und somit etwa 4 % sinken? Die Kombination aus Kursgewinn und aktueller Rendite ergäbe einen Gesamterfolg von etwa 12 %. Langlaufende Staatsanleihen könnten daher ein guter Tipp für das Anlagejahr 2024 werden.
 

AM ENDE DES TAGES: ES ZÄHLT DER ÖKONOMISCHE ERFOLG

„Green-Energy“ beziehungsweise „Clean-Energy“ entwickelt sich zur Verliererbranche des Jahres 2023. Der globale führende ETF, der die Branche breit und gut abdeckt, liegt im Jahresverlauf bei einem Minus von etwa 35 %. Einzelne Titel aus dem Bereich Solar, Wind oder Wasserstoff liegen sogar noch deutlich tiefer im Minus. Die Umsetzungsmöglichkeit und die Umsetzungsgeschwindigkeit vieler Projekte liegen meilenweit hinter den politischen Wünschen und Ankündigungen. Dazu kommt eine Kombination aus verfehlten Ertragserwartungen, kalkulatorischen Fehleinschätzungen, generell zu hohem Optimismus und eben auch den Folgen und Auswirkungen der rasanten Zinswende für Projektfinanzierungen. Dass mit Siemens Energy ein deutsches Unternehmen aufgrund der Probleme im Windkraftbereich Staatshilfe beantragt, ist ein bemerkenswertes Zeichen – und im Widerspruch zum medialen Mainstream. Es ist auch ein Phänomen der Börse, dass sie die wirtschaftlichen Realitäten in einer Phase der Euphorie und undifferenzierten Geldzuflüssen oft lange außer Acht lässt, aber dann dennoch am Ende des Tages irgendwann rasch, konsequent und brutal einpreist. Die gute Nachricht: Die Branche ist in der Realität angekommen, politische Ankündigungen bringen noch lange keine Margen und Umsätze. Aber: Nach der ersten undifferenzierten Euphorie ist die zweite nüchterne und rationalere Phase meist die solidere und erfolgreichere. Nach diesem Lernprozess scheint eine solide Entwicklung in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich.
 

AM ENDE DES TAGES: DIE ZINSWENDE WIRKT

Die Zinswende wirkt mittlerweile wesentlich breiter und intensiver, als es der Blick auf die gängigen Indices vermuten lassen würde. Immobilien, Industrie, viele mittel oder kleiner kapitalisierte Unternehmen mit Fremdfinanzierungen spüren die Folgen. Die globalen Multis um Apple, Microsoft & Co, die buchstäblich im „Cash schwimmen“, sind eher Profiteur der Entwicklung. Würde man die 500 Einzelaktien des breiten US-Index gleich gewichten, dann wäre dieser Index 2023 klar im Minus und hätte sich um etwa 14 % schlechter entwickelt als jener kapitalgewichtete Index, der von einigen Tech-Riesen geprägt ist. Aus der Entwicklung einiger ausgewählter kapitalgewichteter Indices eine Schlussfolgerung auf die Verfassung der Wirtschaft abzuleiten, birgt die Gefahr eines Irrweges. Am Ende des Tages hat die Zinswende die breite Realwirtschaft längst erreicht. Zur Präzisierung: Das ist gut, das war der Plan – und zeigt, dass die Notenbanken nach anfänglichem Zögern das Ruder wieder fest in der Hand haben.
 

AM ENDE DES TAGES IST ES WIE IMMER: KORREKTUREN BRINGEN CHANCEN

Die Renditeanstiege, vor allem in den USA, sind etwas weiter gelaufen, als wir angenommen hatten. Wir wiederholen aber unser Bekenntnis zur Asset-Klasse Anleihen. Im Aktienmarkt wurden viele Bereiche deutlich abgestraft, damit sollte eine solide nüchterne Basis erreicht sein. Gerade aus dem breiten Markt abseits der vieldiskutierten Tech-Riesen ist jeder Optimismus entwichen. Die Konjunkturerwartungen in der Industrie wurden nach unten revidiert, scheinen aber einen Boden gefunden zu haben. Unabhängig vieler Marktdiskussionen gehen wir weiter davon aus, dass der Zinserhöhungszyklus von FED und EZB beendet ist.

Die einfach zu machenden Gewinne an der Börse sind ein Mythos, wie beschrieben werden gehypte Segmente früher oder später auf die ökonomische Realität zurückgeführt. Das Umfeld aus neuerlich etwas gestiegenen Renditen und eines in der Breite korrigierten Aktienmarktes bringt aber eine solide Ausgangsbasis für Erträge in den Jahren 2024 und folgend.

Ihr Alois Wögerbauer

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