Fondsjournal: Hr. Wögerbauer, was waren im Rückblick die positivsten Erfahrungen?
Alois Wögerbauer: Im Jahr 2002 hatte der heimische Aktienmarkt ein Jahrzehnt Seitwärtstrend hinter sich. Wir wollten, gemeinsam mit der Oberbank als sogenannte Bank der Industrie, ein Zeichen setzen und die Beteiligung an heimischen Unternehmen in Erinnerung rufen sowie eine grundsätzliche Lanze für den Kapitalmarkt brechen. Daraus wurde ein, für österreichische Verhältnisse, großes Publikumsprodukt, in der Spitze lagen wir bei deutlich über 200 Mio. EUR Fondsvolumen. Zudem haben wir uns immer für aktives Stock-Picking und gegen den Nachbau von Indizes ausgesprochen. Natürlich war es immer wieder ein wilder Ritt, da der Heimmarkt in faktisch jeder Krise mehr verlor als das internationale Umfeld und bei Verbesserung der Lage dann wieder mehr aufholte. Im Jahresranking unserer Aktienfonds lag das Österreich-Produkt meist weit vorne oder weit hinten, selten aber im Mittelfeld. Dennoch, und das ist auch ein positives Fazit: Nach 20 Jahren liegt die Performance bei 8,73 % per anno. (Quelle OeKB, 31. Oktober 2022, Hinweis: Die frühere Wertentwicklung lässt nicht auf zukünftige Renditen schließen.)
Was bleibt in der Rückschau negativ anzumerken?
Wögerbauer: Die grundsätzliche Stärkung und Belebung des österreichischen Kapitalmarktes hat nüchtern betrachtet im Rückblick sicherlich nicht in der Dimension stattgefunden, die wir uns vor 20 Jahren gewünscht und vorgestellt hätten. Der Kurszettel ist insgesamt nicht breiter geworden. Vielen Abgängen standen einige Zugänge gegenüber, die grundsätzliche Lastigkeit des Index in Richtung Finanztitel sowie Energie und Industrie ist daher höher als je zuvor. Damit bleibt der sehr konjunkturzyklische Charakter erhalten, da klare defensive Branchen wie Gesundheit oder Nahrung oder auch die klassische Digitalisierungsecke bis auf wenige Ausnahmen fehlen.
Wie ist der aktuelle Ausblick?
Wögerbauer: Im Umfeld von Konjunktursorgen, Energiekrise und des Russland-Ukraine-Krieges lag Wien zuletzt wieder im Mittelpunkt des Sturms, vor allem die Auslandsgelder fehlen derzeit. Dennoch ist das aktuelle Umfeld im 20-Jahresrückblick ein Deja-Vu. Perfektes Timing ist nicht möglich, aber sollten sich die aktuell dunklen Wolken aufhellen, dann wird Wien – so wie nahezu immer in den vergangenen 20 Jahren – das Aufholpotential wieder abrufen. Wichtig ist aber zu verstehen, dass dazu das Auslandskapital notwendig ist, welches erst bei Beruhigung der Geopolitik wieder kommen wird. Drei Fakten erscheinen aber wichtig und geben mittelfristig Hoffnung. Erstens: Die hohe Abhängigkeit von Finanztiteln sollte sich im Umfeld der aktuellen Zinswende von Gegenwind in Rückenwind umwandeln. Zweitens: Man kann sich das Umfeld nicht aussuchen, aber viele Unternehmen gehen unbeirrt ihren Weg der Expansion. Mayr-Melnhof, Andritz oder Wienerberger seien nur beispielhaft angeführt. Drittens: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Gewinnerwartungen für die kommenden 12 Monate liegt bei nur mehr 6; so tiefe Bewertungen haben wir zuletzt im Umfeld der Lehman-Pleite gesehen.
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Hinweis: Das Nettovermögen kann aufgrund der Portfoliozusammensetzung oder der verwendeten Portfoliomanagementtechniken unter Umständen eine erhöhte Volatilität aufweisen.