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Zurück Inflation - das Finale einer langen Geschichte

Editorial I Fondsjournal Mai 2022

Inflation - das Finale einer langen Geschichte

Weiter steigende Inflationszahlen, weitere anziehende Anleiherenditen und schwankende Aktienmärkte, das Umfeld hat sich im abgelaufenen Monat nicht verändert. Die Revisionen der Zahlen schreiten voran. Während dem Schreiben dieser Zeilen geht folgende Meldung über den Nachrichtenticker: „Deutsche Regierung reduziert Wachstumserwartung für 2022 von 3,6% auf 2,2%. Die Inflationsrate 2022 wird bei 6,1% erwartet, 2023 geht man von einer Rate von 2,8% aus.“
Quelle: Shutterstock

Damit bleibt die Inflation das klar beherrschende Thema, mit den oft medialen Verkürzungen. Der Russland-Ukraine-Krieg bringt eine finale Dynamisierung, ist aber nicht der Auslöser. Die Basis dafür hat sich über Jahre aufgebaut. Die Bilanzsummen von EZB und FED haben sich seit 2005 fast verneunfacht. Aktuell trifft eine normale Nachfrage auf zu wenig verfügbare Güter. Der politische Gedanke durch Geldverteilung im Gießkannen-Prinzip weiter Geld zu schaffen, dem keine Güterproduktion gegenübersteht, ist ein Irrweg und könnte das Problem nicht lösen, sondern sogar verstärken. Wir gehen in diesem Monatskommentar daher ausnahmsweise etwas weiter in die Vergangenheit zurück.

 

 

 

„INFLATION – DIE GANZE WAHRHEIT“

Nehmen wir bildhaft an, „Inflation“ wäre ein Kinofilm, der 90 Minuten dauert, wir nennen den Film „Inflation – die ganze Wahrheit“. Wir steigen ein im Jahr 2005. Die Weltwirtschaft wächst real um sehr solide 4%, die Folgen der sogenannten „Dot-Com-Blase“ nach der Jahrtausendwende sind gut verdaut. Die Bilanzsummen der EZB und der US-FED liegen bei etwa 1000 Milliarden EUR bzw. Dollar.

Minute 5
​​​​DIE LEHMAN-PLEITE 2008

Eine in den USA bis in das Jahr 2007 aufgebaute Immobilien-Blase wird über wenig durchsichtige Wertpapierkonstruktionen in die ganze Welt exportiert. Letztendlich wird die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers zugelassen, was zu einer breiten Banken- und Immobilienkrise führt. Die Realwirtschaft und der breite Konsum sind davon wenig betroffen. Die Notenbanken öffnen die Schleusen, um das System zu stützen. Nach diesen Hilfen stehen die Bilanzsummen der EZB und der US-FED bei etwa 2000 Milliarden EUR bzw. Dollar.

Minute 25
DIE EURO-KRISE 2012

Beginnend im Jahr 2010 mit Griechenland baut sich eine Schuldenkrise mancher EURO-Staaten auf. Im Mittelpunkt stehen Spanien und Portugal sowie vor allem auch Italien. Die finale Eskalation entsteht im Jahr 2012. Es werden Rettungsschirme gespannt und die EZB beginnt Staatsanleihen zu kaufen. „Whatever it takes“, sinngemäß „koste es, was es wolle“, wird zum historischen Ausspruch des damaligen EZB-Chefs Mario Draghi. Nach diesen Hilfen stehen die Bilanzsummen der EZB und der US-FED bei etwa 3000 Milliarden EUR bzw. Dollar.

Minute 40
DER GEWÖHNUNGSEFFEKT…

Wir schreiben das Jahr 2018. Die Weltwirtschaft wächst solide, China ist die Lokomotive, die USA sind gewohnt stark. Die EURO-Zone hinkt mit den Wachstumsraten nach, hat sich aber klar stabilisiert. Es bleibt aber die Angst vor Deflation, das Inflationsziel der EZB von etwa 2% wird nicht erreicht. Die Staaten haben sich an die mittlerweile rekordtiefen Zinsen aufgrund der Anleihekäufe der Notenbanken gewöhnt, das nicht normale wird als neue Normalität wahrgenommen. In guten Jahren der Konjunktur werden die aufgeblähten Notenbankbilanzen nicht zurückgenommen, bei schwächeren Konjunkturzahlen wie etwa im vierten Quartal 2018 werden angekündigte Reduktionen oder Zinswenden aber rasch abgeblasen. Negativrenditen werden mehr und mehr ein breites Phänomen, das Geld soll nicht „liegen“, sondern die Wirtschaft ankurbeln. Dies treibt aber vor allem nur die Preise von Grund, Boden und Immobilien sowie die Kurse an den Kapitalmärkten. Obwohl die Argumente für den Krisenmodus der Notenbanken immer weniger vorhanden sind, stehen Ende 2018 die Bilanzsummen der EZB und der US-FED bei etwa 4500 Milliarden EUR bzw. Dollar.

Minute 60
DIE CORANA-PANDEMIE

Die Corona-Pandemie überrollt im ersten Quartal 2020 die Welt. Es ist keine regionale, sondern eine globale Krise. Es betrifft keine Einzelbranchen, es betrifft gesamthaft Wirtschaft und Privatleben. Die Geld- und Fiskalpolitik reagiert rasch. Die Dosis sprengt das bisher Gesehene klar. Nach dem ersten Jahr der Pandemie stehen die Bilanzsummen der EZB und der US-FED bei etwa 7500 Milliarden EUR bzw. Dollar. In den USA wird Helikoptergeld verteilt, jeder Staatsbürger bekommt einen Scheck über 1400 US-Dollar. Auch in unseren Breitengraden werden massive fiskalische Hilfsgelder geleistet, beispielsweise in Form eines Umsatzersatzes. Mit dieser Art „Phantomeinkommen“ wurde Kaufkraft geschaffen, ohne dass dem eine Produktion oder Dienstleistung gegenüberstand. Eine wachsende Geldmenge traf auf eine nicht mitwachsende Gütermenge. Probleme in den Lieferketten werden zentrales Thema, zu wenig verfügbare Produkte lassen sich aber nicht mit mehr Geld verfügbar machen. Die Preise beginnen zu steigen.

Minute 80
DER PUTIN-SCHOCK, DAS UNDENKBARE TRITT EIN

Februar 2022. Die Corona-Pandemie scheint global beherrschbar zu sein. Die Bilanzsummen der EZB und der US-FED liegen mittlerweile bei über 8500 Milliarden EUR bzw. Dollar und haben sich somit seit dem Start des Films im Jahr 2005 fast verneunfacht (!). Die Energiepreise steigen nach dem Kriegsschock rasant, die Abhängigkeiten werden vor Augen geführt. Die Lieferketten sind erneut massiv gestört, die Inflationsspirale dreht sich mit immer höherem Tempo. Der Inflationsfilm geht auf das Finale zu, den Ausgang kennen wir noch nicht. Inflationsraten reduzieren sich nur im Zeitablauf durch den Basiseffekt – oder durch eine wirtschaftliche Delle. Die US-Notenbank hat sich dafür entschieden mit dem Ziel eines sogenannten „Soft-Landing“ sehr aktiv das Thema anzugehen. Die Wahrscheinlichkeiten, dass dieses Soft-Landing gelingt, sind in der historischen Betrachtung durchaus gut, aber eben nicht sicher.

DIE LEHREN AUS DEM INFLATIONSFILM FÜR DIE GELDANLAGE

  • Der Anpassungsprozess am Anleihemarkt in Form der breit steigenden Renditen ist schmerzvoll, aber er ist wichtig, richtig und unausweichlich. Das Positive: Eine Asset-Klasse kehrt zurück, Risiken werden wieder besser abgegolten. Die Grunddiskussion sollte aber nicht der Abgleich Aktien/Anleihen sein. Wichtiger ist der Abgleich Cash/Anleihen. Die Logik zugunsten Anleihen hat in den letzten Monaten zugenommen.
  • Aktien waren und sind ein Langfristinvestment. Das aktuelle Set-Up aus steigenden Renditen der Anleihen bei gleichzeitig reduzierten Konjunkturerwartungen und der Herausforderung die Margen zu halten, wird wohl vorerst für einen volatilen Seitwärtstrend sorgen, was nichts an der Langfriststory ändert. Marktteilnehmer fürchten sich aktuell vor steigenden Basiszinsen und sinkenden Konjunkturaussichten; auf mittlere Sicht kann und wird beides nicht dauerhaft gleichzeitig auftreten​​​​​​​.
  • Wichtig ist: Die Probleme sind bekannt. Wir haben keine Systemkrise, wir haben keine überbordende euphorische Nachfrage. Wir haben eine an und für sich normale Nachfrage, die auf ein reduziertes Angebot trifft. Risikofaktor bleibt China. Aktuell verschärft die wenig nachvollziehbare Zero-Covid-Strategie und das rasche Sperren von Städten oder Häfen die globale Lieferkettenthematik. Mittelfristig muss man die Entwicklung auch ganz grundsätzlich beobachten. „Handel bringt Wandel“ als Weltanschauung wurde zuletzt einem ernüchternden Realitätscheck unterzogen.
  • Wir sind in einer Übergangsphase einer liquiditätsgetriebenen Anlagewelt in eine rationalere Bewertung. Die Substanz eines Unternehmens von heute wird höher bewertet als der mögliche Ertrag in 10 Jahren. Grundsätzlich falsch ist dies nicht, es bringt Rückenwind oder Gegenwind, je nach Geschäftsmodell.

Nicht nur die jüngere Geschichte der Finanzmärkte lehrt uns, dass sich Rahmenbedingungen rasch ändern können. Die Geopolitik bringt Möglichkeiten in die positive und negative Richtung. Die aktuelle Zinspolitik vor allem der US-FED ist als Erwartung im Markt gepreist. Sollte sich der Pfad der Erhöhungen im Jahresverlauf aus welchen Gründen auch immer im Tempo verlangsamen, wäre eine positive Marktreaktion bei Anleihen und Aktien die Folge.

Noch ist das nicht unsere zentrale Markterwartung, aber wenn nach nüchterner Überlegung kein Szenario mit einer klar übergewichteten Wahrscheinlichkeit belegt ist, dann bleibt als Fazit nur, einseitige Positionierungen zu vermeiden und die Diversifikation und Portfoliokonstruktion über alles zu stellen.

 

Ihr Alois Wögerbauer

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